Nach zwölf Jahren Schule wollte ich nicht direkt anfangen zu studieren, sondern erstmal einige Zeit im Ausland verbringen. Da ich sieben Jahre lang Französisch in der Schule gelernt hatte und auch überlegte, etwas in diese Richtung zu studieren, entschied ich mich dazu, für sechs Monate als Au Pair nach Frankreich zu gehen.
Schnell erhielt ich die Zusage von meiner Gastfamilie in einem Vorort von Paris. Die Familie hatte drei Kinder, Jungen im Alter von fünf bis elf Jahren. Das machte mir zuerst zwar etwas Angst, aber schon bei meiner Ankunft waren alle sehr nett und ich fühlte mich sofort wohl. Heimweh hatte ich während der ganzen Zeit kaum, allerdings war ich über Weihnachten auch eine Woche in Deutschland, da meine Gastfamilie in den Urlaub fuhr.
Mein Alltag war sehr entspannt. Ich musste erst um halb fünf anfangen zu arbeiten, um die Fünf- und Neunjährigen aus der Schule abzuholen. Die Schule war zu Fuß etwa eine Viertelstunde entfernt, aber der Rückweg mit den Kindern hat meistens länger gedauert. Zu Hause gab es dann erstmal das für die Franzosen typische „Goûter“, so etwas wie bei uns „Kaffee-und Kuchen“. Gegen halb sechs kam dann auch der Elfjährige nach Hause und die beiden Älteren haben sich an ihre Hausaufgaben gesetzt, während ich meistens mit dem Kleinsten gespielt oder den Größeren manchmal auch geholfen habe. Bei schönem Wetter und wenig Hausaufgaben sind wir auch manchmal nach der Schule direkt auf den Spielplatz gegangen, wo die Kinder alle ihre Freunde getroffen haben. Gegen halb sieben kam dann auch schon die Mutter wieder nach Hause und hat sich um das Abendessen gekümmert und gegen acht war mein Arbeitstag beendet, wenn die Eltern die Kinder ins Bett gebracht haben. Mittwochs hatten die beiden Kleineren keine Schule, also habe ich mich den ganzen Morgen um sie gekümmert und auch das Mittagessen gekocht, bevor sie dann um eins zum Rugbytraining gingen. Natürlich habe ich auch einige Aufgaben im Haushalt übernommen, so wie abwaschen, die Kinderzimmer aufräumen und den Tisch decken. Etwa zwei Mal in der Woche gingen die Eltern abends aus und ich habe die Kinder ins Bett gebracht und gewartet bis sie schliefen, bevor ich dann auch ins Bett gehen konnte. Die Wochenenden waren meistens frei. Nur die Ferien waren manchmal anstrengend, da ich dann den ganzen Tag mit den Kindern verbrachte. Aber ich hatte die Möglichkeit, mit den Kindern zu den Großeltern in die Bretagne zu fahren und somit auch ein paar andere Orte Frankreichs kennen zu lernen, was mich sehr gefreut hat.
In meiner freien Zeit bin ich drei Mal in der Woche zur Sprachschule gegangen und habe mich ansonsten mit Freunden getroffen und natürlich Paris besichtigt. Die Stadt ist riesig und ich hatte das Gefühl, auch in einem halben Jahr längst nicht alles gesehen zu haben. Da ich aus einem kleinen Dorf komme, war ich natürlich begeistert von der Nähe zur Stadt und allem, was dazugehört: Geschäfte, Cafés und Museen… Diese sind für unter 26-Jährige Europäer umsonst, was sie für mich um einiges attraktiver machte ;-). Besonders gut fand ich auch das französische Essen! Crêpes, Croissants und Baguettes schmecken in Frankreich einfach viel besser als in Deutschland! Und zum Glück konnte meine Gastmutter auch gut kochen.
Vor meiner Ankunft hatte ich vor allem Angst davor, ganz alleine in einem fremden Land zu sein. Aber ich habe schnell gemerkt, dass meine Sorgen völlig unbegründet waren. Die Familie hat mich sehr nett aufgenommen und mir alle meine Fragen beantwortet. Über die Sprachschule habe ich auch sehr schnell andere Au Pairs kennen gelernt. Vor allem zu anderen Deutschen hat sich schnell eine Freundschaft entwickelt, allein schon aus dem Grund, dass man die gleiche Sprache spricht. Am Ende war ich stolz darauf, dass ich gelernt habe, alleine im Ausland zurecht zu kommen und mich sogar noch ganz alleine um drei wilde Jungs zu kümmern ;-). Und mein Französisch hat sich natürlich auch sehr stark verbessert, sodass ich mich nun für ein Französischstudium gewappnet fühle :).
Ich bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe und mir ganz sicher, dass ich meine Gastfamilie und Paris bald wieder besuchen werde!
