Meine Zeit in London würde ich wie folgt beschreiben: sehr neu, sehr aufregend und ganz anders als erwartet.
Die letzten fünf Monate habe ich im Herzen Londons in einer sehr gläubigen, jüdischen Familie verbracht. Angekommen bin ich im Sommer, zur Zeit der Olympiade, wodurch ich natürlich die wunderbare Möglichkeit hatte an vielen Events teil zu nehmen, aber auch genau zu der Zeit, in der kaum Au Pairs in London sind, alle Sprachschulen Sommerpause haben und London ‚ruht‘, soweit man das eben von einer Großstadt behaupten kann. Durch die fehlenden sozialen Kontakte direkt zu Anfang bekam ich schnell großes Heimweh, was sich aber, um alle angehenden Au Pairs beruhigen zu können, legt.
Nicht nur dadurch, dass dann ab September alles ‚richtig‘ begonnen hat – drittes Kind, Beginn der Sprachschule, neue Person im Haus – sondern auch dadurch, dass ich in der Zwischenzeit gelernt habe alleine Aktivitäten zu unternehmen und diese großartige Stadt zu erkunden, die mir, bevor ich sie lieben lernte, riesig, grau und irgendwie bedrohlich erschien, verglichen mit meinem 500 Einwohner Dörfchen mitten im Grünen.
Was bisher fehlt ist ein genauerer Einblick in meine Gastfamilie und meine Aufgaben in dieser. Wie bereits erwähnt ist die Familie jüdischen Glaubens, bei meiner Ankunft hatte die Familie zwei kleine Töchter und die Gastmutter war mit dem dritten Kind schwanger. Außerdem war und ist Personal im Haus vorhanden, wodurch meine Aufgabe als Au Pair+ ganz der Unterhaltung der Kinder galt: Frühstück zubereiten, anziehen, Windeln wechseln, essen geben, Kindergruppen besuchen, waschen, baden, Geschichten vorlesen, manchmal die ‚Große‘ von der Schule abholen, Babysitten nach Bedarf und vor allem entertainen. Klingt erst einmal so, als hätte ich sehr einfache Aufgaben gehabt, aber die Bedürfnisse der Familie waren auch sehr speziell. Oft habe ich deutlich mehr als 35Stunden pro Woche gearbeitet, vor allem auch an den Wochenenden, was mir noch mehr erschwerte neue Bekanntschaften zu machen und die Stadt ein bisschen zu ‚meiner Stadt‘ zu machen. Zudem kamen die unendlich vielen Regeln im Haus und die zweigeteilte Küche, für Milchprodukte und Fleischprodukte, jedoch auch die Möglichkeit des kulturellen Austauschs. Das alles bedeutet nicht, dass ich die Familie nicht lieb gewonnen habe – vor allem zu der Mittleren habe ich ein sehr enges Verhältnis aufgebaut, allein dadurch, dass sie in meiner Zeit vor Ort laufen gelernt hat, angefangen hat zu ‚reden‘ und in der Entwicklungsphase war, in der sie ihre Bezugspersonen braucht – aber es bedeutet dennoch, dass die Gastmutter und ich gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen sind meinen Aufenthalt zu verkürzen, da sie unerwartet mehr Unterstützung brauchten und statt eines Au Pairs eine Vollzeitnanny, die zwölf Stunden täglich arbeiten kann.
Im weiteren Verlauf meines Aufenthalts habe ich dort eine, mir mittlerweile sehr nahe stehende, Freundin kennen gelernt mit der ich hauptsächlich die Stadt mit ihren vielfältigen Märkten, dem großen kulturellen Angebot und den vielen Parks – hier habe ich gemerkt, dass die Londoner London alles andere als nur grau gestaltet haben - erkundet habe und darüber hinaus auch Tagestouren außerhalb Londons gemacht habe. Wirklich sehr empfehlenswert, da es gar nicht lange dauert und Großbritannien generell viel zu bieten hat – Brighton, Windsor, Stratford, Cambridge …
Insgesamt kann ich im Nachhinein von mir behaupten, dass ich mich selbst durch die Zeit im Ausland sehr viel besser kennen gelernt habe, selbstständiger geworden bin und dazu noch wunderbare Menschen kennen lernen durfte, sowie neue Lebensweisen. Das allerwichtigste aber: Ich habe festgestellt, dass das Leben manchmal unvorhergesehene Wendungen nimmt, Pläne nicht so funktionieren, wie vorhergesehen und das gar nichts mit versagen zu tun hat oder schlimm ist, sondern nur eine Brücke zu einem neuen Weg darstellt, der vielleicht in dem Moment genau der Richtige ist. Hiermit wünsche ich allen angehenden Au Pairs unheimlich viel Mut und Zuversicht für eine ereignisreiche Zeit!