Nach meinem Abitur habe ich mich dazu entschlossen einen freiwilligen Dienst in Südafrika für drei Monate zu leisten. Ich habe mich für die Arbeit in einem Kinderheim in Greytown, in der Provinz Kwa-Zulu-Natal entschieden. Greytown ist eine kleinere, überschaubare Stadt und liegt im Landesinneren von Südafrika ungefähr eine Stunde von der Provinzhauptstadt Pietermaritzburg entfernt.
Wenn ich wieder an meine Zeit in Südafrika erinnert werde, bekomme ich Fernweh, da Südafrika meine zweite Heimat für mich geworden ist.
Die ersten Gedanken, die ich mit Südafrika verbinde, sind die über das ganze Land weit verbreitete Gastfreundlichkeit, die Zuvorkommenheit und Freundlichkeit der Menschen vor Ort, die vielen strahlenden Kinderaugen, denen ich -nicht nur im Kinderheim- begegnet bin, die abendlichen Braais (das afrikaanse Wort für Grillen) mit den anderen Freiwilligen, die alltäglichen Stunden mit `meinen Hausaufgabenkindern´ und so vieles mehr…
Der Südafrikaaufenthalt hat in mir die gute Laune und den Drang etwas Neues zu erleben noch mehr geweckt!
So, nun seid ihr sicherlich gespannt, wie es mir persönlich im Kinderheim ergangen ist und was ich dort so erledigen musste, oder?
Das Kinderheim beherbergt 145 Kinder und es ist in sieben Häuser unterteilt, es gibt jeweils ein großes Haus für die High School Boys und Girls sowie fünf weitere Häuser, drei für Mädchen und zwei für Jungs.
Mein Alltag im Kinderheim bestand darin, dass ich um 7:00 Uhr morgens die Kindergartenkinder (Toddlers) mit einer andern Freiwilligen oder einer Hausmutter zum Kindergarten bringen musste, was sich schon so manches Mal als Herausforderung entpuppte, da einige Kinder einen schlechten Tag hatten und einfach mal mitten auf der Straße stehen geblieben sind. Der Verkehr ist anders als in Deutschland, denn die Autofahrer interessiert es nicht, ob du in mitten einer befahrenen Straße mit einem fünfjährigen Kind stehst – sie fahren einfach dran vorbei!-. Aber es sind immer alle Kinder heil im Kindergarten und auch wieder im Kinderheim angekommen.
Nachdem dann manchmal schon die erste Hürde des Tages genommen wurde, gab es immer von Montag bis Freitag ein Team Meeting mit allen Mitarbeitern, in dem erst einmal gebetet wurde und Gott für diesen Tag gedankt wurde. Danach werden organisatorische Dinge geklärt und wenn es Probleme gibt, werden diese angesprochen und versucht Lösungen dafür zu finden. Es war sehr angenehm voll und ganz integriert zu sein, denn durch die täglichen Meetings habe ich ein Gefühl von Zugehörigkeit verspürt. Obwohl dies gar nicht nötig war, da ich von Anfang an ganz liebevoll und sehr herzlich willkommen geheißen wurde. Schon bald habe ich sehr gute Beziehungen zu den Hausmüttern und anderen Mitarbeitern aufbauen können sowie natürlich auch zu den Kindern.
Aber erst einmal weiter mit meinem Tagesablauf…nach dem Meeting hatten die Freiwilligen Freizeit, da die Toddlers im Kindergarten und alle älteren Kinder in der Schule waren.
Im Winter haben wir auf Stühlen draußen in der Sonne Müsli gegessen, aber wir mussten uns warm anziehen, mit dickem Pulli und Jacke. Trotzdem nicht die Sonnencreme vergessen, die afrikanische Sonne ist erbarmungslos! Wir haben Bücher gelesen oder uns sehr nett unterhalten und mussten dann den restlichen Tag vorbereiten, da wir Hausaufgabenbetreuung und sogenannte `studygroups´ am Nachmittag hatten. Im Frühling, Anfang Sommer hatten wir manchmal das Glück unsere freie Zeit im Swimming Pool des Kinderheimes zu verbringen, da es schon sehr warm war.
Um 12:00 Uhr sind wir dann wieder losgegangen und haben die Kindergartenkinder vom Kindergarten abgeholt. Die Lehrerinnen im Kindergarten kannten mich inzwischen auch schon viel besser und es ist eine tolle Freundschaft entstanden.
Sobald auch die anderen Kinder aus der Schule kamen hieß es sich mit ihnen zu beschäftigen, also spielen, reden, rumtoben, rutschen, schaukeln oder auch einfach nur zuhören, wenn die Mädels dir eine tolle Frisur verpassen wollen ;) In der Woche war allerdings nicht so viel Zeit zum Spielen, da ich mehrere studygroups hatte. Von ca. 14:00-15:00 Uhr hatte ich zwei Kindergartenkinder Pinky und Zenzele, die im Januar 2012 zur Schule gehen werden. Ich hatte sie auf die Schule vorbereitet, mit ihnen gemalt, gepuzzelt, gespielt, aber auch schon das ABC gelernt sowie ihren eigenen Namen zu schreiben und von 1-20 zu zählen. Ich hatte nur Englisch mit ihnen gesprochen, da sie auf eine englisch sprachige Schule gehen sollen und hatte doch öfter gemerkt, dass Zenzele viel besser Zulu versteht als Englisch. Da ich nur ein paar Wörter Zulu gelernt hatte, musste er mit mir Englisch sprechen, was ihn am Ende sehr verbessert hat bei seinen Sprachkenntnissen.
Bald habe ich gemerkt, dass es große Unterschiede im Lernprozess gibt und hatte beide Kinder speziell gefördert und gefordert, was mir sehr viel Spaß bereitet hat. Es hatte einem aber auch schon öfter mal die Nerven geraubt, da die Kinder keine Lust hatten und einfach mal Nichts nach Plan lief. Aber auch solche Situationen habe ich überstanden und bin an ihnen gewachsen. Besonders stolz bin ich auf die großen Fortschritte, die Pinky und Zenzele gemacht haben, da es auch meine kleine Wenigkeit war, die dazu beigetragen hat.
Nach den Kindergartenkindern habe ich dann Thabie, einem netten Mädchen aus der zweiten Klasse für eine Stunde bei den Hausaufgaben geholfen. Wir saßen zusammen an ihren Mathe Aufgaben, sie hat mir aus einem ihrer Schulbücher vorgelesen und ich habe ihr mit der englischen Sprache geholfen. Einen Tag kam sie ganz stolz zu mir und hat mir einen Mathe Test gezeigt, indem sie keine Fehler hatte. Ich habe ihr gesagt wie toll ich das finde und wie stolz ich auf sie bin. Als Belohnung für diese gute Leistung habe ich ihr einen Bonbon geschenkt, worüber sie sich sehr gefreut hat!
Von 16:00-17:00 Uhr habe ich mit Stembiso Hausaufgaben gemacht. Er geht in die vierte Klasse und hat sich immer sehr auf unsere gemeinsame Hausaufgabenzeit gefreut. Zu ihm habe ich eine wirklich sehr intensive Beziehung aufbauen können, es war schön zu wissen, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich habe Stembiso in Mathe, Englisch, Reading, Natural Science (Biologie und Geographie) und Life Orientation geholfen. Es hat mir immer sehr viel Spaß bereitet mit ihm Hausaufgaben zu machen, aber auch mit ihm über andere Dinge zu reden, wie z. B. Autos.
Nach 17:00 Uhr habe ich in einem der fünf Häuser gegessen, wo die jüngeren Kinder untergebracht sind. Nach dem Essen hatte ich dann noch ein bisschen Zeit mit den Kindern zu spielen und um 19:00 Uhr musste ich dann schon wieder los und habe älteren, jugendlichen Jungs, die kurz vor dem Matrix (Abitur) stehen, geholfen für die Klausuren zu lernen. In Buisness Studies hatte ich einen Jungen namens Knowledge mit dem ich den Stoff der elften Klasse wiederholte. Tandi, einem Mädchen aus der siebten Klasse habe ich zweimal in der Woche mit ihren Mathe Hausaufgaben geholfen, was mir immer sehr gut gefallen hat, da wir uns auch über andere Dinge als Mathe und Schule unterhalten konnten.
Das ist ein sehr typischer Tag im Kinderheim für mich gewesen.
Am Wochenende hatte ich frei und bin mit den anderen Freiwilligen, die inzwischen sehr gute Freunde geworden sind, im Mini Taxi, dass nur die Schwarzen benutzen nach Durban gefahren, was ein Erlebnis für sich ist. Denn die Mini Taxis sind nicht immer auf dem besten technischen Stand, die Musik ist immer auf voller Lautstärke und die Taxis sind so vollgestopft, dass man sich kaum bewegen kann! Bevor das Mini Taxi dann überhaupt losfährt wird gewartet bis es voll genug ist und das kann schon mal zwei Stunden dauern! Also nix mit Fahrplan oder so ähnlich! Da kommt „Freude auf“, aber sehr bald hat man sich an die südafrikanische Kultur und das Leben dort gewöhnt - das ist halt so -das Mini Taxi ist auch die einzige Möglichkeit gewesen mal aus Greytown rauszukommen, also wartet man- Tipp: Man sollte aber nicht unbedingt allein mit den Minitaxis fahren – war aber auch kein Problem, da auch eigentlich immer andere Freiwillige im Kinderheim in Greytown arbeiten.
Nicht nur im Kinderheim habe ich fleißig geholfen wo ich konnte, auch der Kindergarten hat unsere Hilfe benötigt, als sie für ein Theaterstück in einer der High Schools von Greytown ihre Proben machen mussten.
Einmal habe ich bei einem Sportfest von der Schule aus mitgeholfen und war Kampfrichterin, was viel Spaß bereitet hat. Die Kinder waren alphabetisch in zwei Gruppen eingeteilt und haben sich gegenseitig angefeuert, sie haben sehr laut gesungen, geklatscht und auf der Tribüne ordentlich getanzt! Es war einfach schön so viel Lebensfreude und auch etwas anderes zu erleben.
Zum Schluss möchte ich noch erzählen, was wir während der September Ferien gemacht haben. Eine kleine Gruppe von High School Mädels, eine Hausmutter, eine andere Freiwillige und ich sind für ein paar Tage in die Drakensberge gefahren. Dort sind wir zu einem kleinen Wasserfall gewandert, waren in einem Hochseilgarten und konnten an einer Kletterwand unser Glück versuchen. Unter anderem waren wir noch bei einer Aufzuchtsstation, die sich um verletzte blaue Kraniche kümmert, den Nationalvogel von Südafrika. Ich bin mit der Freiwilligen auf einen nahe liegenden Berg geklettert und wir haben einfach die wunderbare Natur genossen. Es hat sich eine großartige Freundschaft zwischen uns entwickelt.
Viele der Mädels sind einfach nur im Haus geblieben und haben tagein tagaus DVDs geguckt. Im Nachhinein habe ich verstanden, warum die Mädels gar nicht nach draußen wollten, denn die Möglichkeit so viele DVDs zu gucken haben sie im Kinderheim nicht und das war dann schon etwas Besonderes für die Mädchen.
So, ich hoffe ich konnte Euch einen Eindruck vermitteln, wie ich meine Zeit in Südafrika verbracht habe. Mein letztes Fazit: Die Zeit im Kinderheim werde ich nie vergessen, Südafrika und seine Bewohner mit einer ganz anderen Kultur habe ich kennen und lieben gelernt. Ich schätze diese Zeit sehr und hätte es sehr bereut, wenn ich nicht nach Südafrika gegangen wäre.
Ich könnte noch unendlich weiterschreiben – denn nach meiner „Freiwilligen- Zeit“ in Greytown bin ich noch an einigen Orten gewesen und konnte mir das wunderschöne Südafrika ansehen, wie Nationalparks am und in der Nähe des Indischen Ozeans, die Garden Route, Kapstadt…