Von meinem kleinen aber feinen Zimmer im "staffhouse", das gleich neben das Hotel angrenzt, habe ich einen wunderschönen Ausblick in die Berge. Auch beim Gemüse schnippeln, Kuchen backen oder Hummerschwänze auseinander nehmen in der Hotelküche von Hotel Glymur kann ich bis weit über den Fjord auf die schneebedeckten Berge blicken. Obwohl ich vorher wenig bis überhaupt keine Erfahrung im Kochen hatte, abgesehen vielleicht von privaten Experimenten in der heimischen Küche, weisen mich die Köche Helgi, Agnes und August sehr schnell in alles Wichtige ein. Ich bekomme ein kleines Büchlein, in das ich in den kommenden drei Monaten viele Rezepte und Notizen zu Vorgängen in der Küche hineinschreiben werde.
Ich lerne nicht nur grundlegende Dinge über das Kochen, sondern besonders Helgi erzählt mir viel über die isländischen Spezialitäten, wie natürlich den frischen Fisch und die Lammfilets (zwei Dinge die tatsächlich sehr unterschiedlich zu den deutschen Varianten schmecken), aber auch "rotted shark" -verfaulter Hai- und Schafskopf - darf ich probieren, wobei ich es allerdings auch belasse.
Mit mir in der Küche arbeitet, neben den anderen drei Köchen, auch noch Erik, ein Ungare, der mit seiner Freundin, die Kellnerin im Hotel ist, einen Tag nach mir angekommen ist. Die anderen die mit mir im "staffhouse" wohnen, sind ein Portugiese namens Francisco, Beata und Gosja aus Polen und nach zwei Wochen kommt auch noch Sarah aus Jena dazu.
Anfangs machen Sarah und ich uns einige Sorgen, wie wir wohl überhaupt Ausflüge machen sollen, da sich das ohne Auto als sehr schwierig herausstellt. Es gibt zwar eine Bushaltestelle, zu der einen Beata auch gerne mit dem Auto des Hotels hinfährt, allerdings ist der Bus nicht nur sehr langsam, sondern das Liniensystem anfangs recht unübersichtlich und die Tickets ziemlich teuer.
Glücklicherweise freunden wir uns schnell mit einigen Isländern, die auch im Hotel arbeiten und von denen keiner über 30 Jahre alt ist, an. Wir bekommen nicht nur viele Tips zu Sehenswürdigkeiten in der Umgebung wie z.B die wirklich wunderschöne Wanderung zum Namensgeber des Hotels, einer der höchsten Wasserfälle Islands, dem Glymur Wasserfall, sondern werden auch manchmal von den Isländern im Auto zu Ausflügen oder abendlichen Partys mitgenommen.
Zusätzlich steht Ragna, die Hotelmanagerin, einem immer mit Rat und Tat zur Seite. Wenn man doch mal auf überteuerte Touren von isländischen Anbietern zu Zielen wie der Blauen Lagune oder geführten Ausritten auf Islandpferden zurückgreifen möchte, können einem Ragna oder die anderen Isländer nicht nur Rabatte sondern teilweise sogar Touren umsonst ermöglichen.
Mein Alltag ist im Allgemeinen sehr entspannt. Ich wache morgens auf, hole mir Frühstück aus der Küche, das aus Brot, Joghurt, Croissants und viel Obst besteht -wohl mit einer der größten Vorteile, wenn man in einem Hotel wohnt-. Um 14 Uhr fange ich, unterbrochen von vielen kleinen Pausen, da die Isländer eher eine entspannte Arbeitsmoral pflegen, an. Bis 17 Uhr wird alles für das Abendessen vorbereitet, dann gibt es Essen für alle Angestellten. In einem kleinen Raum sitzt man gemütlich beisammen, isst mal Burger, mal Nudeln, mal Fisch und fast immer Kartoffeln und Salat, unterhält sich und um 18:30 kommen dann die ersten Gäste. Meistens bin ich dann um 21:30 fertig und gehe rüber in mein Zimmer. Machmal sitzt man auch noch gemütlich im Gemeinschaftsraum, guckt den ESC, unterhält sich oder beobachtet gemeinsam die Nordlichter, die im März und April grün-lila direkt über dem Dach unseres Hauses wabern. Ab Mai ist es dann eher ein Bestaunen des Himmels, wenn es um 12 Uhr nachts gerade mal ein wenig dämmert und es um 3 Uhr schon wieder taghell ist.
In meinen drei Monaten, unternehme ich außerdem noch einen kleinen Roadtrip mit meiner besten Freundin aus Deutschland, die auf einer nahegelegenen Farm arbeitet. Als ich sie dort einmal besuche, erlebe ich eine ganz andere, aber dennoch sehr verbreitete Lebensweise in Island, in mitten von kleinen Kindern, Lämmchen und Kälbchen. Wir sitzen in Hot Springs - natürlichen, warmen Pools- , sehen auf unserer zweitägigen Rundfahrt so viele unterschiedliche Landschaften und haben vor allem Glück mit dem Wetter, das in Island innerhalb von Minuten von Sonne zu kaltem Wind, Regen und Nebeln umschlagen kann.
In meiner letzten Woche kam mein Vater und wir bereisten auch noch den Süden der Insel.
Alles in allem kann ich nur sagen, dass ich unglaublich froh bin, die Entscheidung mit MultiKultur nach Island zu gehen, getroffen zu haben. Schon im Vorfeld habe ich mich bei der Organisation gut aufgehoben gefühlt und vor Ort war nicht nur die isländische Vermittlung sehr gut organisiert, sondern vor allem wurde ich im Hotel von allen gut aufgenommen. Ich habe so viele neue Dinge und Menschen kennengelernt, sogar Freunde dazu gewonnen und hätte mir insgesamt keinen besseren Ort zum Arbeiten und Leben vorstellen können. Auf jeden Fall werde ich irgendwann nochmal nach Island reisen und kann jedem MultiKultur und das Hotel als Arbeitsstelle nur wärmstens empfehlen.
