Spontan war meine Reise als Volunteer nach Kenia wohl eher nicht – fünf Jahre lang schwirrte mir der Gedanke im Kopf herum, bis ich dieses Jahr endlich genug Mut, Zeit und Geld für die Reise hatte. Das MultiKultur-Team schickte mir Informationsmaterial über Kenia und über meine Reise zu und Carina beantwortete mir all meine Fragen, die ich vorab hatte. Zugegebenermaßen war ich sehr nervös, alleine nach Kenia zu reisen, wo ich niemanden kannte. All die Impfungen, die man vorab machen muss, tragen auch nicht gerade zur Beruhigung bei.
Doch kaum, dass ich in Nairobi gelandet war und Leah von The Green Lion mich und weitere Volunteers vom Flughafen abholte, waren meine Bedenken verfolgen. Die Organisatorinnen nahmen uns in Kirwara, einem Dorf in Muranga County in Zentral-Kenia, mit offenen Armen auf. In den vier Wochen, die ich dort verbracht habe, schloss ich sie in mein Herz. Neben mir waren noch zahlreiche weitere Volunteers vor Ort, vor allem aus Spanien. Und auch zu ihnen entstanden tiefe Freundschaften.
Die landwirtschaftliche Arbeit in Kenia ist nicht industrialisiert wie in Deutschland – dort stehen die Farmer in der Teeplantage am Berghang und pflücken die Teeblätter per Hand, sie transportieren die Futtersäcke für ihre Tiere auf dem Rücken und ernten den Mais und hohe Gräser mithilfe von Macheten. Und so waren auch meine Aufgaben von körperlicher Arbeit geprägt: Die meisten Tage war ich auf einer Schweinefarm, wo Tierfutter aus den einzelnen Zutaten wie Mais, Soja und Sonnenblumen gemischt wird, um dieses dann an die weiteren Höfe in der Region zu verkaufen. An anderen Tagen pflückte ich Tee, wusch Kaffee, pflanzte Gemüse und zupfte Unkraut. Die Arbeit ist zwar anstrengend, machte mir aber unfassbar viel Spaß. Und ich habe sehr großen Respekt davor, dass die Kenianer und Kenianerinnen diese Arbeit jeden Tag verrichten.
In der Region, in der Kirwara liegt, leben vor allem Kikuyu, eine der zahlreichen verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Kenia. Die Menschen haben eine sehr positive Ausstrahlung und Einstellung, trotz der großen Herausforderungen und Probleme, mit denen sie sich auseinandersetzen. Hakuna Matata – keine Sorgen –, das trifft dort auf jeden Fall zu. Persönliche Wünsche, individuelle Bedürfnisse und Fragen wurden immer berücksichtigt und die gemachten Pläne dann ohne zu zögern angepasst – diese Spontanität und Flexibilität machte die Zeit unfassbar angenehm und diese Einstellung ist zweifellos eines der Dinge, die ich mit nach Deutschland nehme. So konnte ich auch mal einen Tag in der Schule verbringen, um das Schulsystem in Kenia und die Art des Unterrichts kennenlernen. Und als einmal der Strom für zwei Tage ausfiel, zündeten wir halt ein paar Kerzen an und genossen die gemütliche Atmosphäre.
An den Wochenenden hatten wir frei und konnten sie für Reisen durch Kenia nutzen. Kenia ist unfassbar vielfältig – vom Mount Kenya über Safaris bis zur Küstenregion um Mombasa hat das Land unglaublich viel zu bieten. Ich war ein Wochenende auf Safari in der Masai Mara und ein weiteres Wochenende am Naivasha See und im Hell’s Gate Nationalpark.
Meine Zeit in Kenia war unfassbar intensiv – das Leben dort unterscheidet sich so sehr von dem in Deutschland: das bunte Treiben auf dem Markt, die kleinen Hütten der Einwohner, die übervollen Matatus, mit denen man von A nach B kommt, das Essen, das die Kenianer draußen über einer Feuerstelle kochen, die bergige Landschaft, die von den Tee-, Kaffee-, Bananen- und Avocado-Pflanzen geprägt ist, die rote Erde und die aufgedrehten Kindern, die immer mit uns Volunteers spielen wollten. Ich würde es jederzeit wieder machen und blicke nun definitiv auch anders auf das privilegierte Leben hier in Deutschland. Ich habe jedoch auch gelernt, dass man unseren Luxus nicht braucht, um glücklich zu sein.