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Neuseeland

16.01.2012 – Meine größte Härteprüfung… Auf ging es nach Neuseeland.  Großes Geheul am Flughafen Hamburg… Ein tränenreicher Abschied von meiner Familie und meinem Freund. Und eine Zollbeamtin die mich erneut zum Weinen bringt mit der  Frage „Wie lange bist du denn weg?“ Das kann ja heiter werden…

18.01.2012 Ankunft in Neuseeland. Eine Familie mit 4 Kindern empfängt mich und auf geht es in mein neues Zuhause auf der North Shore in Auckland. Und ich fühle mich sofort wohl! Wir sind direkt auf den Spielplatz und Siena (12), Imagen (11), Theo (8) und Anneka (6) reden um die Wette. Das Wetter ist spitze! Wie kann man sich hier nicht wohl fühlen? Unsere Hund Jodi und die zwei Katzen wuseln mit den Kindern durch das Haus. Es ist einfach immer was los bei uns und immer laut!

Meine Gasteltern haben mich auch super nett aufgenommen. Kate hat mir Karten gemalt, um mir zu zeigen, was ich mir wo in der Umgebung so anschauen kann. Beide standen mir in allen Dingen mit Rat und Tat zur Seite. Am Anfang haben wir zusammen aufgeschrieben, was ich an welchen Tagen machen musste, sodass ich immer nachschauen konnte. Das hat es mir besonders in den ersten Tagen viel leichter gemacht. Auch wenn es man ein wenig Ärger mit den Kindern gab (das bleibt natürlich nicht immer aus), konnte ich mit beiden darüber reden und sie haben mir gesagt, wie ich in so einer Situation am besten reagieren kann. Das hat wirklich sehr geholfen. Man fühlt sich viel sicherer, wenn man die Eltern hinter sich hat. Gerade Pläne und Regeln aufzuschreiben, hilft wirklich sehr. Sollten eure Gasteltern das nicht machen, fragt einfach nach…

Schon vor Jahren hatte ich mich dazu entschlossen, als Aupair eine Zeit lang ins Ausland zu gehen. Und mit Neuseeland habe ich definitiv die richtige Entscheidung getroffen. Da ich aufgrund meiner Gespräche für eine Ausbildung nur 6 Monate weggehen konnte, war es einfach perfekt. Ein kleines Land und keine zu weiten Entfernungen um gut am Wochenende reisen zu können. Die meisten meiner Wochenenden habe ich mit neu gewonnenen Aupair-Freundinnen genutzt um von einem Abenteuer ins nächste zu stolpern. Es gibt einfach soooo vieles zu erkunden. Die Nordinsel ist sehr leicht von Auckland aus zu bereisen und so ging es beinahe jedes Wochenende in eine andere Richtung.

Im Norden genossen wir die Sonne am Cape Reinga und auf einem Segelboot in der Bay of Islands. Leider wollten die Delfine nicht wirklich mit uns schwimmen. Auch in Coromandel war das Wetter ein Traum und wir fühlten uns wie in der Karibik. Blauer Himmel – ultrablaues Wasser – grünes Gras – Palmen – weiße Klippen. Was will man mehr?!? Beim Tongariro Crossing wanderten wir über Vulkane in „Herr der Ringe“-Landschaft und genossen auf der Rückfahrt die wunderschönen Strände in Raglan. In Rotorua hat es ziemlich gestunken, aber die Faszination, was unter unseren Füßen passiert, hat das alles wettgemacht. Wir sind einen ganzen Abend in die spannende Kultur der Maori abgetaucht und haben uns tags darauf wagemutig in einem Rafting-Boot einen 7m hohen Wasserfall heruntergestürzt. Hätte ich das auch in Deutschland gemacht? „Ich bin doch nicht lebensmüde“ wäre dort wohl meine Antwort gewesen. Am nächsten Morgen haben wir uns Geysire und blubbernde Schlammlöcher angeschaut. Einfach nur faszinierend! Und schon waren Ferien und die erste Hälfte meines Aufenthaltes um. Die Zeit verging einfach wie im Flug! Ich habe mir mit einer Freundin ein Auto gemietet und wir sind einfach mal drauf los gefahren. Richtung East Cape. 4am im Eastenders Backpackers – Wir machen uns auf den Weg Richtung East Cape Lighthouse um 6 Uhr den ersten Sonnenaufgang auf der Welt anzuschauen. Wunderschön und wert, so früh morgens aufzustehen! In 4 Tagen von Mittelerde (Hobbiton) über das einsame East Cape mit Schafen und Kühen vor dem Auto und einem kurzen Treffen mit James Cook bis nach Napier. Ein Trip vom Fantasy Land bis in die Vergangenheit. Napier ist wirklich wunderschön, die Häuser im Art Déco Style. Da wir vorher kaum auf Zivilisation getroffen sind und nun in diesem alten Stadtkern übernachten, kamen wir uns vor, als wären wir in der Zeit zurück gereist. Und dann haben wir uns spontan überlegt, quer durch NZ zum Whanganui NP zu fahren. Morgens um 5 ging es los, da wir um 10 Uhr eine Tour gebucht hatten. Würde ich so einen Umweg in Deutschland machen, nur um eine Brücke im Nirgendwo („bridge to nowhere“) zu sehen und mit einem Jetboot zu fahren? Mit Sicherheit nicht… Würde ich in 5 Tagen über 1500km fahren? Auf so eine Idee wäre ich nie gekommen… War es das wert? Auf jeden Fall!!

Dann fuhren wir eines Freitag nachts 5 Stunden nach Taranaki. Nur um Sonntagnachmittag wieder nach Auckland zu fahren. Wer würde das schon in Deutschland ohne wirklichen Grund tun? Wohl die wenigsten… Doch es war ein wunderschönes Wochenende.

Und eines Tages habe ich mich an einem Seil hängend wiedergefunden. Unter mir ein 35m tiefes, schwarzes und schmales Loch. Es ging spannend los mit unserer Tour durch die Waitomo Caves. Wir, eine Freundin, 8 andere Abenteuerlustige, zwei Guides und ich sind in ca. 10°C kaltem Wasser unter den Glühwürmchen entlang gepaddelt. Atemberaubend schön und wirklich nicht zu beschreiben!! Danach kletterten wir durch schmale Öffnungen und niedrige Gänge. Am Ende bezwangen wir noch ein paar Wasserfälle, um unseren Weg wieder an das Tageslicht zu finden. Das war wirklich ein Abenteuer mit jeder Menge Spaß!

Die restlichen Wochenenden verbrachte ich damit, Freunde zu treffen und Auckland und Umgebung zu erkunden. Einige Male war ich Surfen, was ich wirklich jedem nur empfehlen kann! Ein riesen Spaß und Muskelkater ist garantiert! Mit braungebranntem Gesicht kam ich danach immer nach Hause. Mein Gastvater meinte nur grinsend: „Jetzt siehst du aus, wie ein echter Kiwi!“ Vielen Dank für das Kompliment, Ziel erreicht! J

Aber nach jedem Wochenende bin ich sehr gerne in meine Familie zurückgekommen. Nach Nächten in teilweise nicht sehr tollen Hostels lernt man das eigene Zimmer, das eigene Bett und die eigene Waschmaschine schon sehr zu schätzen.

Mein Tagesablauf war eigentlich relativ gleich, jedoch war kein Tag wieder der andere. Dafür haben meine Kinder schon gesorgt, dass ich auf Trab bleibe…

Morgens habe ich der Jüngsten geholfen sich fertig zu machen und für alle die Lunchboxen gefüllt. Manchmal habe ich die beiden Kleinen in die Schule gebracht und dann ging der Hausputz los. Mal mit mehr, mal mit weniger Spaß. Es fällt schon wirklich viel Wäsche an. Und 4 Kinder machen auch sehr viel Unordnung. Manchmal stand ich morgens im Haus und wusste gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich hatte schon meine Routine, aber bei besonders großem Chaos steht man erst mal 10min hilflos da, bevor man sich der Sache annimmt. Doch man lernt schnell, dass es einfach fixer geht, wenn man direkt anfängt und schnell alles wegarbeitet. Dann ist alles halb so schlimm und ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn dann alles schön sauber war!

Am Nachmittag habe ich, in Begleitung unseres super süßen Labradors, die beiden Kleinen von der Schule geholt und dann allen etwas zu Essen gemacht. Danach haben wir getobt, gespielt, rumgealbert und gebacken. Im Sommer war der aufgebaute Swimmingpool natürlich täglich in Gebrauch. Auch das Trampolin wurde ständig genutzt um Superman-Posen zu üben!

Anfangs mussten wir uns alle erst einmal aneinander gewöhnen und ich wurde das ein oder andere Mal schon sehr getestet. Mir sind die Kinder aber sehr schnell ans Herz gewachsen und so klappte es meistens ganz gut. Sie konnten mich natürlich auch ganz schön ärgern, aber jede Auseinandersetzung war sofort wieder vergessen. Am meisten Spaß hatten da meine Eltern, wenn ich mich über Sachen beschwert habe, die ich früher selber gemacht habe. Man lernt schon ziemlich viel über sich selbst und vor allem versteht man seine Eltern plötzlich sehr gut! J

Zuhause war immer was los. Lieblingsspiel meines Jungen: Sich wie bei Star Wars mit den Laserschwertern zu bekämpfen oder mit Pistolen und Schaumstoffmunition zu bekriegen J Die Lieblingsbeschäftigung der Mädels: tanzen und Musik hören. Es war also nie leise und immer Bewegung im Haus. Das war wirklich schön! Langeweile gab es kaum.

Zu Theo konnte ich anfangs nicht so richtig eine Bindung aufbauen, da er auch nicht sehr viel gesprochen hat. Doch spätestens nach dem Fotoshooting auf dem Trampolin, wo er wie Superman geflogen ist, war das Eis gebrochen. J

Was ich jedem zukünftigen Aupair raten kann?! Gebt nicht auf! Es gibt immer Höhen und Tiefen und auch so einige Tage mit Heimweh. Aber die Zeit geht so schnell um und schon habt ihr eure Liebsten wieder bei euch. Und mit Skype ist alles halb so schlimm! Lasst euch von der Entfernung nicht abschrecken, wenn ihr weg seid, seid ihr weg. Egal ob eine Flugstunde von Deutschland oder 30. Dieses Land ist es einfach wert! Es gibt wirklich alles dort.

Was mir an Neuseeland am besten gefallen hat? Die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Man kommt mit allen ins Gespräch und bekommt immer Hilfe. Die Menschen sind super entspannt und sogar die Busfahrer total freundlich. J

Der Abschied von meiner Gastfamilie war sehr schwer und sehr traurig. Doch danach ging es in das nächste große Abenteuer. 3 Wochen Südinsel, ganz allein. Ich habe eine Bustour gemacht und sehr viele nette Leute getroffen. Was für eine Wahnsinnsinsel! Einfach ganz anders als die Nordinsel. Viel mehr Natur und so viele verschiedene Sachen. Wir haben jeden Tag die schönsten Sachen gesehen und sind viel gelaufen. Mein Highlight war die Nevis Swing in Queenstown. Hoch über einer Schlucht habe ich mich mit einer Freundin an ein Seil hängen lassen. Da hingen wir dann hunderte Meter über der Schlucht. Absolute Panik! Ich hörte nur noch den Mann, der uns angeschnallt hatte, wie er runterzählte „3 – 2 – 1 – GO!“ 70m freier Fall! Ich höre nur noch meinen Schrei und realisiere nichts mehr. Der absolute Wahnsinn! Dieses Gefühl ist einfach nicht zu beschreiben!

Den perfekten Abschluss dieses aufregenden halben Jahres hatte ich in Kaikoura. Dort war ich mit 200 Dusky Delfinen schwimmen. So etwas vergisst man nicht mehr! Man sieht im Wasser nur Delfine und sie kommen unglaublich dicht und umkreisen dich, der Blick an dich geheftet. Das muss man einfach erlebt haben, wenn man in Neuseeland ist. Mein schönstes Erlebnis in NZ!

Ich habe so viele Sachen gesehen und getan, die ich in Deutschland niemals gemacht hätte. Auch 20min Fußweg war in Auckland ein Klacks. („Dafür zahle ich doch nicht den Bus!“)

Egal, wie lange man letztendlich da ist, man nimmt so viel mit. Man wächst über sich hinaus und macht Sachen, die man sonst nie erlebt hätte. Man wird erwachsener und selbstbewusster und lernt so einige Sachen viel mehr zu schätzen. In dieser Zeit habe ich sehr viel über mich selbst gelernt und eine Menge neuer Erfahrungen gesammelt. Das möchte ich nicht mehr missen.

Mit Multikultur war ich auch sehr zufrieden. Ich bekam in regelmäßigen Abständen Mails aus Deutschland, ob es mir gut geht und alles in Ordnung sei. Das hat mir das Gefühl gegeben, dass sich da jemand um mich kümmert und mich nicht mit meinem Abschied aus Deutschland an die Partnerorganisation abgeschoben und vergessen hat. Auch mit Pukeko Au-Pair, der Partnerorganisation, war ich zufrieden. Es wurden regelmäßige Aupair-Treffen veranstaltet und Wochenendreisen geplant.

Zurück in Deutschland, ist alles wie immer. Aber ich merke, dass ich mich verändert habe. Und ich nehme die Umgebung um mich herum viel mehr wahr, man bewahrt sich sein Fotografen-Auge. J


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