Kia ora! Und Haere mai aus Aotearoa !
7 Monate am anderen Ende der Welt. Weit weg von zu Hause, in einer fremden Familie und besonders viel Ungewissheit.
„Warum entscheidest du dich für Neuseeland?“ „Weiter weg geht’s nicht?“ „Willst du nicht lieber studieren, anstatt am anderen Ende der Welt zu relaxen?“ „Geld verdienen und nicht ausgeben?“
Doch ich ließ mich nicht verunsichern und antwortete: „Nein! Das ist genau das, was ich mir seit Jahren vorstellen. Es ist mein Traum als Au Pair nach Neuseeland zugehen.“ Warum ich mich ausgerechnet für Neuseeland entschieden habe lässt sich darauf zurückführen, dass ich als Jugendliche in der Reiseführerabteilung unserer Stadtbibliothek die meiste Zeit verbrachte und mich über die unterschiedlichsten Länder informierte. Als Au Pair weg zugehen war damals noch kein Thema, allerdings wusste ich auch da schon, dass was vom Land sehen, der Kultur erleben und eigenständig und unabhängig sein wollte. Somit stand für mich außer Frage als Austauschschüler während der Schulzeit ins Ausland zugehen. Ich wollte nach der Schule die Welt erkunden und fand die Idee als Au Pair zu arbeiten für mich passend, weil ich gerne mit Kindern arbeite und zusammen bin. Abgesehen davon, dass es sich mit einem Job vor Ort immer besser reisen und leben lässt.
Mit dem dritten Familienvorschlag von Seiten der Agentur wurde geskypt und beide entschieden sich für den anderen. Im ersten Augenblick überkamen mich die Zweifel, ob das alles so richtig ist. „Kann alles so perfekt sein?! Wo ist der Haken? Warum sollte ich Glück haben und sich meine Vorstellungen eins zu eins erfüllen?“ Jedoch überwog die Vorfreunde, Zuversicht und der Mut es zu wagen. Alleine aufzubrechen und Freunde, Familie und Bekannte zurück zu lassen. Ich sah es als eine Zwischenstufe, um mich von meinem Elternhaus zu lösen, bevor ich durch die Uni gezwungen mein eigenes Leben führen würde.
Meine Gastfamilie lebte direkt in Auckland, sodass es nur ein 30-minütiger Fußweg bis in die Innenstadt , der viel zu zerlaufenen und riesigen Millionenstadt Auckland war. In der Familie war ich für die Betreuung von drei kleine Kinder im Alter von 7 Monaten, 2 ½ Jahren und 4 ½ Jahren zuständig. Morgens um halb neun begann mein Tag damit, die Mädchen für den Kindergarten zu Ende fertig zu machen. Den restlichen Vormittag verbrachte ich mit dem ganz Kleinen. Wir spielten, gingen spazieren, räumten das Haus und die Kinderzimmer auf oder saugten gerne gemeinsam. Er half mir beim Anschieben des Staubsaugers oder genoss eine kleine Fahrt auf dem Staubsauger. Einmal in der Woche nahmen wir an einer Turngruppe für Säuglinge und Kleinkinder teil, die uns sehr viel Spaß bereitete und auch die Entwicklung förderte. An den Nachmittagen unternahm die Mutter häufig was mit den Großen oder wir trafen uns mit Freunden auf dem Spielplatz oder zu Hause. Kam mal Langeweile auf backten wir unseren Lieblingsbananenkuchen und färbten diesen kurzer Hand mal pink oder blau. Vor dem 
Abendessen wurden die Kinder gebadet und weitestgehend Bett fertig gemacht. Gemeinsam aßen wir zu Abend, des Öfteren auch mit Freunden oder Familie, bevor die Kinder dann zu Bett gebracht wurden und ich Feierabend hatte. Die Maorikultur spielte in unserem alltäglichen Leben eine elementare Rolle, da meine Gastoma Maori war. Die Kinder sprachen vereinzelnd Wörter oder beteten auf maori vor jedem Abendessen für unsere Gaben. Dinge wie das Toi Toi, die Marae oder das traditionelle Begrüßungs Haka Es ist mit die herzlichste und freundlichste Kultur, die ich je erfahren habe. Die Maori und Neuseeländer interessieren sich für einen. Auf der Straße, im Supermarkt oder in den Geschäften unterhält man sich mit den Verkäufern, auch wenn man sich nicht kennt. Wenn sie dann noch am Akzent heraushören ,dass man aus Deutschland kommt freuen sie sich umso mehr. Die Mehrzahl aller Neuseeländer weiß die deutschen Eigenschaft wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Qualität sehr zu schätzen. Wohin gegen man über Neuseeländer sagen kann, sie genießen jeden Augenblick und priorisieren viele Dinge anders als Europäer. Doch daran gewöhnt man sich schnell und lernt mit gewissen Situationen, was vor allem die Arbeit in den Familien angeht, um zu gehen.
Meine Freizeit verbrachte ich größtenteils mit Freunden. Gemeinsam gingen wir zum Sport, zu Konzerten, oder suchten uns eines der vielen Veranstaltungen fürs Wochenende raus, wenn wir mal nicht wegfuhren, um das Land kennen zu lernen.
Eines meiner Highlights der Reise war der Urlaub über die Südinsel. Mit zwei Freundinnen bereisten wir in 10 Tagen fast die gesamte Südinsel und deren Sehenswürdigkeiten. So schafften wir in dieser kurzen Zeit rund 3500 km mit unserem kleinen Auto. Das ein oder andere Mal gab's natürlich auch Unstimmigkeiten untereinander, die aber aufgrund des tollen Urlaubs, der Landschaft und den Aktivitäten schnell vergessen und unsere Freundschaft gestärkt wurde. Freunde finden geht ganz schnell. Egal wo man hingeht, man trifft Au Pairs. Man unterhält sich, tauscht sich aus und im besten Fall bleibt man im Kontakt und unternimmt etwas gemeinsam. Langeweile gibt es in Neuseeland nicht.
Auch wenn ich schon etwas früher nach fast sieben Monaten zurück nach Deutschland kehrte, weil die Familie nicht bereit war, trotz mehrfachen Gesprächen, etwas an den Arbeitsbedingungen zu ändern, bereue ich meine Zeit in Neuseeland nicht. Ich bin an mir gewachsen, habe viel über mich gelernt und meine Sichtweise auf die ein oder andere Sache geändert. Das Schreiben meines Blogs und meines Erlebnisstagebuchs hat mir geholfen die Zeit zu verarbeiten und eine Leidenschaft von mir zu entdecken. Jeder der behauptet, eine solche Zeit, egal wie lange, bringe nichts, der soll sich selbst auf einen solchen oder ähnlichen Weg begeben.
Ich werde Neuseeland trotz allem als eine zweite Heimat ansehen und sicherlich bald wieder ans andere Ende der Welt reisen. Ich bin gespannt, wie sich die Kinder dann entwickelt haben und ob sie sich an mich und unsere gemeinsame Zeit erinnern können. Doch zuvor werden hier in Deutschland die dort gewonnen Freundschaften weitergepflegt.
